Christian Buschan MSc Mitbegründer der VITAO ALPEN AKADEMIE |
"Salutogenese - was uns gesund macht und erhält"
Eine Zusammenfassung für interessierte Laien
von Christian Buschan MSc
Zwischen vollkommener Gesundheit und tödlicher Erkrankung
Wir sind es gewohnt, auf Krankheitsursachen und -symptome zu achten. Mit der Sichtweise der Salutogenese von Aaron Antonovsky, einem Medizinsoziologen aus Brooklyn[1], vollziehen wir eine radikale gedankliche Kehrtwende. Wir behalten zwar im Auge, „dass zu jedem beliebigen Zeitpunkt wenigstens ein Drittel und mit einer guten Wahrscheinlichkeit die Mehrheit der Bevölkerung einer modernen Industriegesellschaft sich in einem…morbiden, pathologischen Zustand befindet“. Wir fragen aber nicht mehr primär, was uns krank macht(e) und wie krank wir schon oder noch sind. Sondern wir fragen mit Antonovsky nach den die Gesundheit fördernden Ressourcen, nach dem was uns gesund macht(e) und/oder gesund erhält. Seine Antwort auf die Frage nach den Ursprüngen der Gesundheit ist das von ihm entworfene Konzept des Kohärenzgefühls (Sense of Coherence, SOC). Er konnte seine zentrale These wissenschaftlich belegen, wonach das SOC mit dem Gesundheitszustand eines Menschen in ursächlichem Zusammenhang steht.
[1] Sein Hauptwerk: Salutogenese - Zur Entmystifizierung der Gesundheit. Tübingen: Deutsche Gesellschaft für Verhaltenstherapie; aus dem Amerikanischen übersetzt von Alexa Franke 1997
Gesundheit und Krankheit – ein Kontinuum
Die zeitgenössische Medizin hat innerhalb ihrer überlieferten Sichtweise in aller Regel die „Fluss-abwärts-Perspektive“: Menschen schwimmen in einem oft reißenden Fluss voller spitzer Klippen, tödlicher Gefahren und unübersichtlicher Stromschnellen. Die westliche Medizin repräsentiert das hingebungsvolle, wohl organisierte und technisch hoch entwickelte Bemühen, möglichst viele Ertrinkende aus diesem lebensbedrohlichen Strom zu bergen, zu retten. Kaum je wird jedoch gefragt oder nachgesehen, was stromaufwärts passiert(e). Warum all diese Leute überhaupt in den Fluss gestiegen, gerutscht oder gefallen sind, wer sie vielleicht gar hinein stieß oder warum sie sehr gut, überhaupt nicht oder nur unzureichend schwimmen können.
Der salutogenetische Ansatz sieht den Menschen zu jedem beliebigen Zeitpunkt seines Lebens auf einer Art Gleitschiene zwischen „vollkommene Gesundheit“ und „tödliche Erkrankung“. Damit liefert dieser Ansatz zwar nicht unmittelbare Problemlösungen („Rettung“), aber er verhilft selbst bei schlechtester Prognose noch zu einem tiefgreifenden Verständnis und Wissen über das menschliche Leben. Dieser Ansatz verführt zum Nachdenken über jene Faktoren, die den Menschen zum gesunden Pol hin bewegen können und ihn nach Möglichkeit auch dort halten sollen. Oder um beim Bild des Flusses zu bleiben: Die Salutogenese fragt nach den Gründen, warum gewisse Menschen nie in den Fluss steigen oder fallen, warum sie sich nicht hineinstoßen lassen, bewusst hinein steigen oder warum sie so gut schwimmen und sich selber wieder heraushelfen können. Wir fragen mit Antonovsky: „Wie wird man, wo immer man sich in dem Fluss befindet, dessen Natur von historischen, soziokulturellen und physikalischen Umweltbedingungen bestimmt wird, ein guter Schwimmer?...Unter objektiv gleichen Charakteristika des Flusses werden die Menschen unterschiedlich gut oder schlecht zurechtkommen...Welches ist ihr Geheimnis?“ (Salutogenese, 92).
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