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Samstag, 25. Dezember 2010

Zum Jahres-Unwort „Wutbürger“ wie auch rückblickend zu den Themen PID und Ethik

Aus dem Weihnachts-Mail von Prof. Dr. Kohlhof 

Aus einem Mail  vom 21.12.10
Prof. Joachim Kohlhof




(…) Das kürzlich von der Deutschen Gesellschaft zur Spracherhaltung gekürte Jahresunwort "Wutbürger" spiegelt meines Erachtens sehr deutlich den Zustand unserer Gesellschaft wider. Die Bürger werden nicht mehr gehört oder verstanden, weil die Vernetzung zwischen Gewählten und Wählern, zwischen Managern und arbeitender Bevölkerung, zwischen kirchlichen Würdenträgern und Gläubigen, zwischen Informanten und Informierten, zwischen Wissensvermittlern und Wissbegierigen nur eine Einbahnstraße ist, von denen nicht beide Seiten profitieren, sondern meist nur die Inhaber der jeweiligen Vorteilsposition. "Wutbürger" zu sein, spiegelt die Selbstreflexion unserer Gesellschaft wider und sie tut uns solange noch nicht weh, solange die Pflastersteine dort bleiben, wo sie hingehören.

Besser fände ich für uns das Wort "Mutbürger". Nicht gegen jeden und alles zu sein, ist fortschrittsdenkend, sondern eher das Bekenntnis zur Besserung anstandsgerechten Verhaltens, zur Rückgewinnung von Vertrauen, Selbstverpflichtung und Eigenverantwortung. Der dadurch gesicherte Erfolg steht allen zugute und nicht nur einer kleinen Renegaten-
Clique, die aus der Geschichte offenbar noch nichts gelernt zu haben scheint.

In allen Feldern unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens entdecke ich nur noch schwarze Löcher, aus denen offenbar kein Entrinnen mehr möglich ist. Der Missbrauch in den Kirchen wird auf die Zeit der 60iger-70iger Jahre festgemacht; also einem Zeitraum der die strafrechtliche Verfolgung nicht weiter thematisieren muss. Als wenn sexuelle Übergriffe und Missbrauchstaten zölibatärer Priesterschaft lediglich auf wenige Jahre dieses Jahrhunderts reduzierbar sind.. Aber wenn die "alleinseligmachende" Kirche nicht selbst Buße tun will, um wieviel schwerer wiegt der Mangel an Glaubwürdigkeit, die Bußsakramente ihrer Glaubenslehre auch tatsächlich und effektiv zu vermitteln.

Die gleiche Heuchelei findet zur Zeit im Umgang mit der Präimplantations-Diagnostik statt, in der einige politische Kader ihre moralische Position entdeckt zu haben scheinen, indem sie die PID zwar generell ablehnen, aber in speziellen Ausnahmefällen die Verantwortung einer Ethikkommission übertragen wollen, wenn Elternpaare zu erwarten haben, dass die Geburt eines im Reagenzglas getesteten Embryos möglicherweise mit bleibenden Schäden zu rechnen hat, sofern es dann von der Mutter ausgetragen wird. Diese Haltung ist unerträglich und es wundert, dass so viele Frauen in politischer Verantwortung diesem unseligen Treiben tatenlos zu sehen. Ihnen ist offenbar mehr daran gelegen, so zu tun, als wenn der PID durch die vorgezogenen Tests Tür und Tor geöffnet wird, um daraus Wunschkinder (Designerkinder) abzuleiten, zu denen in Deutschland sicherlich vor einigen Jahrzehnten eine gewisse Affinität bestand. Es ist doch ungleich problematischer für die Mutter und einer bereits implementierten Eizelle, wenn während der Schwangerschaft dann erlaubterweise getestet wird, ob das noch auszutragende Kind lebensfähig ist. Für Mutter und auszutragendem Kind ist die Gefahr einer dann legalen Abtreibung viel höher, als wenn dies bereits im Vorfeld einer PID geschieht. Vielleicht haben wir immer noch ein gestörtes Verhältnis zum menschlichen Leben und goutieren unser Verhalten mit der seltsamen Einlassung, die PID wäre ein Eingriff in den göttlichen Schöpfungsakt. Was für eine Blasphemie angesichts der täglichen Torpedos, die tatsächlich den göttlichen Wirkungskreislauf verletzen oder ihn total zerstören. 

Wenn die Ethik wirklich Einfluss nehmen kann, durch bindende Entscheidungen, würden sich im gesellschaftlichen, beruflichen und kirchlichen Umfeld die erschütternden Exzesse sicherlich reduzieren. Aber auch in diesen sog. Ethikkommissionen finden stramme Parteisoldaten ihre moralische Tinktur, aus der sie jeweils die geeignete  Farbe wechseln können, wie andere Menschen ihre Hemden.

Ich bin am Ende eines bewegten Jahres immer noch verwundert, wie leichtfertig der Umgang mit der Ethik genommen wird. In unserer Beliebigkeitsgesellschaft wird sie schnell in das Kleid der Nachhaltigkeit gesteckt, über die allenthalben Foren, Seminare, Konferenzen abgehalten werden, die in nahezu allen Fällen wenig bewirken und nur dazu dienen, sich den Anschein um Besserung der Welt zu geben.

Wir werden die Welt nicht verändern, aber es macht uns Mut - deshalb „Mutbürger“ - ein treues Bekenntnis abzugeben, woran wir glauben und auch dann immer noch einen Baum zu pflanzen, wenn morgen die Welt unterzugehen droht. Nicht Wut gegen die Herrschenden erscheint  das Signal für die Zukunft zu sein, sondern der Mut zu einem Bekenntnis für ein menschengerechteres Zusammenleben. Die salbungsvollen Reden zu Weihnachten und am Ende eines turbulenten Jahres, an dem immer nur die "Anderen" Federn lassen mussten, besinnen sich die Mächtigen der Staaten, wofür sie eigentlich angetreten sind und wofür ihnen Vertrauen und damit der persönliche Geldsegen ermöglicht wird.. Leider ist die Verfallzeit ihrer Reden und Worte so rasch vergangen wie das ausgesprochene Wort selber, so dass sie sich bei ihrem nächsten Statement schon nicht mehr daran erinnern können, was sie vor wenigen Minuten andernorts gesagt haben. Die Verantwortung ist eben ein flüchtiges Gut, das im Wertschätzungskatalog der Machtbewussten keinen dauerhaften (nachhaltigen) Platz gefunden hat.  

Finden wir zu Weihnachten mehr als nur tröstliche Stimmung. Es kommt auf das Kind an und sonst nichts anderes. Alles an diesem Fest lebt davon, welche Mitte wir wählen und stirbt oder wird zur Illusion, wenn wir dieses Zentrum der Heiligen Nacht nicht ansteuern oder gar aus dem Auge verlieren.

(...)

Dienstag, 21. Dezember 2010

Sinn-Dimensionen wirksamer Führung

Christian Buschan MSc
Mitbegründer der
VITAO ALPEN AKADEMIE




Wirksamkeit ist ein zentrales Kriterium für gutes Management. Manager erbringen Resultate mit und durch andere Menschen, die nicht nur Arbeit, sondern auch Sinn suchen. Viktor Frankl, der Entdecker von Logotherapie und Existenzanalyse, sagt, „dass es nicht am konkreten Beruf als solchem, sondern jeweils an uns liegt, ob jenes Persönliche und Spezifische, das die Einzigartigkeit unserer Existenz ausmacht, in der Arbeit zur Geltung kommt und so das Leben sinnvoll macht oder nicht“. In der Arbeit geht es um mehr als um Ein­kommen und das Erfüllen einer Aufgabe, es geht auch darum, dem Leben Bedeutung zu geben, Werte einzubringen und Sinn verwirkli­chen zu können. Wirksame Führung bezieht diese Dimen­sion mit ein.

Mehr und mehr wird die Gültigkeit von Frankls Motivationslehre auch in Kreisen des Managements und der Unternehmensberatung erkannt. Den wirtschaftenden Menschen bewegen nicht bloß Geld, Anerkennung, Einfluß oder Spaß an der Arbeit. Dies alles ist nicht nur verlierbar, unwirksam bei „rauem Wind“, sondern nutzt sich ab auch bei „Schönwetter“. „Eigentlich“, nämlich zutiefst, meint Frankl, „wird der Mensch anders motiviert. Er will etwas Sinnvolles tun.“

Wie können Führungskräfte dieses spezifische Sinnbedürfnis des Menschen ohne abzuheben in den berufli­chen Alltag einbringen und fruchtbar machen? Hierzu hat das „Malik Management Zen­trum St. Gallen“ sechs Grundsätze managerieller Wirksamkeit erarbeitet, die als pragmatische Einstel­lungen kein abstrakt-theoretisches System benötigen, sondern sich als unmittelbar anwendbar in der Praxis bewährt haben (s. weiter unten). Die Parallelen zu Frankl sind unübersehbar und für die Ken­ner der Logotherapie ebenso interessant wie erfreulich:

-       Was wir „Management“ nennen, ist „männlich“ dominiert
-       Gutes Management ist wirksam, egal, ob mehr oder weniger
-       Auch gute Manager suchen und lieben nicht primär Sinn, sondern Wirksamkeit
-       Manager sind in erster Linie Macher, nicht Philosophen oder Sinnsuchende
-       Doch heute sucht man auch im Management immer mehr nach Sinn
-       Führungskräfte müssen den Mitarbeitenden Sinn in der Arbeit vermitteln können!
-       Gutes Management hat viele Berührungspunkte mit Frankls Sinn- und Motivationskonzept
-       „Wie werde ich heute wirksam?“ lautet die typische, allmorgendliche Managerfrage
-       Management stellt das Funktionieren und das Überleben der Organisation sicher
-       Die Führungskräfte sind verantwortlich für das Überleben der Organisation
-       Von außen können Einzelne dies alles längst nicht mehr überschauen oder verstehen
-       Heikle Grundfrage: Wie sinnvoll ist das Ganze denn überhaupt noch? Was soll dies alles?
-       Alle erwarten Effizienz, wollen aber nicht wissen, was Wirksamkeit wirklich voraussetzt
-       Der Prozeß gegen Herrn Ackermann zeigt, dass die Sinndimension zu kurz kam
-       Im extrem neoliberalen Denken muss zuerst der Aktionär zufrieden gestellt werden
-       Doch kurzfristiger Gewinn kann unmöglich langfristig wirksam sein!
-       Langfristig erfolgreich sind nur Betriebe, die einen Zweck außerhalb ihrer selbst erfüllen
-       In diesen Betrieben ist das „Wozu?“ wichtiger als das „Wie?“ oder das „Für wen?“
-       Doch der Zweck einer Firma ist noch längst nicht ihr Sinn!
-       In jeder Firma oder Organisation wollen die Mitarbeitenden einen Sinn in ihrer Arbeit sehen
-       „Sinn“ steht in jedem Fall höher als „Zweck“ – aber wieso eigentlich?
-       Das Sinnorgan ist das (ethisch begründete) Gewissen, es stellt den Sinn über alles
-       Sinn- und Wertfragen zwingen zum Nachdenken über den Zweck einer Unternehmung
-       Wie tun wir das, was wir tun?“, das ist die sinnvolle Frage, die Frage voller Sinn!
-       Was zweckvoll ist, muss nicht zwingend auch schon sinnvoll sein!


Sechs Grundsätze wirksamer Führung

1. Resultate stehen im Zentrum!
Was habe ich erreicht? Resultate beweisen den Nutzen der Firma, der Organisation. Resultate motivieren und fördern das Selbstwertgefühl aller Beteiligten. Input reicht nicht, am Output werden Erfolg und Nutzen gemessen. Sinn liegt in dem, was wir für andere tun.

2. Einen Beitrag zum Ganzen leisten
Sich nicht in Teilen verlieren – Sinn durch Ganzheitlichkeit! Sich in den Dienst einer Sache stellen, die grö­ßer ist als ich oder wir selbst. „Pflicht“ kommt von „pflegen“! Es kommt darauf an, das zu tun, wozu ich verpflichtet bin oder wozu wir verpflichtet sind (nach Immanuel Kant). Ich persönlich sorge dafür, dass dies oder jenes (nicht) geschieht, bloße „Neigung“ dazu genügt nicht! „Stimmig­keit“ und „Rundheit“ des Ganzen ist wichtig.

3. Konzentration auf Weniges und Wesentliches
Permanente und konsequente Unterscheidung des Wesentlichen vom Unwesentlichen. Das Wesentliche und das Sinnvolle kommen zuerst. Was macht wirklich Sinn? Mut zur Lücke haben! Klares Fokussieren ist die Grundlage nachhaltiger Wirksamkeit. Der Sinn der Firma, der Organisa­tion oder des Lebens muss erfüllt werden, sonst droht Versagen.

4. Vorhandene Stärken nutzen
In unserer Kultur schauen fast alle immer nur auf die Schwächen, auf die Mängel und Lücken (z.B. in der Erziehung, in der Lehre, in der Arbeit). Die Stärken der Mitarbeitenden herausschälen und stärken, sonst droht der Tod des Unternehmens. Die Einzigartigkeit des Individuums muss ent­deckt, gefördert und genutzt werden – zum Wohle aller Beteiligten. Unvollkommenheit ist eine Entwicklungschance!

5. Vertrauen
Gegenseitiges Vertrauen ist die Basis aller Wirksamkeit, doch keine „Kuschelmentalität“! Nur robu­ste und stabile Beziehungen tragen in und durch Krisen. Auch hier geht es nicht zuerst um Sym­pathie, sondern um Resultate! Vertrauensvolle Vorbilder dieser Art schaffen Sinn und werden von allen Beteiligten honoriert.

6. Positiv und konstruktiv denken
Oft bleibt nichts anderes übrig, als mir die Motivation in mir selbst und aus mir selbst zu schaffen und zu schöpfen. Energie muss aus mir selbst kommen! Manager müssen gute Chancen erkennen können. Und sie müssen wissen, wozu sie tun, was sie tun. Und sie müssen tun, was getan wer­den muss. Wir dürfen nicht „auf die Welt warten“! Ein schlimmer Schicksalsschlag kann zum Sprungbrett für eine neue Freiheit werden! Das ist eine Anwendung der Franklschen „Trotzmacht des Geistes“, man muss Sinn auch sehen wollen!

Fazit:

-       Resultat-Orientierung ist der Knackpunkt; die Verantwortung dafür tragen die Manager
-       Deswegen muss Verantwortungsethik gleichwertig neben Handlungsethik treten
-       Sinn muss nicht nur gesucht, sondern vor allem verwirklicht werden!
-       Sinn im Scheitern zu finden ist das Schwerste für Manager (logotherapeutisch gesprochen: Einstellungsmodulation nach dem Scheitern ist das Schwerste für Manager)
-       Gewinne zu machen ist nicht der primäre Zweck des Unternehmens. Aber ohne Gewinne geht jedes Unternehmen zu Grunde. Wir leben ja auch nicht, um zu atmen; sondern wir atmen, um leben zu können
-       Manager tun das, wovon sie etwas haben, das ist ihre Philosophie. Doch vom Sinnvollen haben alle am meisten!

Christian Buschan MSc
Diplomierter Logotherapeut und Existenzanalytiker NDS HF
Altkatholischer Seelsorger am Flughafenpfarramt Zürich-Kloten

Mittwoch, 1. Dezember 2010

WIKILEAK Veröffentlichung

Mail vom 01.12.2010
Prof. Joachim Kohlhof 





Aus einem Mail vom 01.12.2010
(...) Die Ankündigung von Wikileak, die Geschäftspraktiken einer Großbank der USA unter ethischen und geschäftlichen Prämissen aufzudecken, zeigt einmal mehr, mit welchen Monstern wir auf den Finanzmärkten leben müssen und wie weit die Ethik von diesen Unternehmen entfernt ist. Mich wundert es daher nicht, dass die von mir als dringlich angebotenen Seminare für Bankenethik nicht besucht werden, weil das Management global wirkender Banken nichts mehr fürchtet, als die Aufdeckung ihrer unethischen und damit verantwortungslosen und menschenverachtenden Bankpraxis.

Nichts anderes findet zur Zeit auch bei der HSH Bank in Hamburg und in vielen anderen Geldinstituten in Deutschland und weltweit statt. Der Gründer von Wikileak wird nunmehr per Interpol gesucht. Werden eines Tages wohl alle Leute, die Offenheit, Transparenz, Ethik und ihre Konsequenzen in der Wirtschaft anmahnen ebenfalls per Steckbrief gesucht?

Die Wahrheit ist eben nur für wenige zu ertragen. Schade nur, dass viele politische Gauner, die ständig die Nachhaltigkeit und die Ethik in den Mund nehmen, genau diejenigen sind, die am lautesten nach Verhinderung der wahrheitsgemäßen Informationen rufen. Ein klassisches Exemplar, wie verlogen Politik und Wirtschaft unserer Welt sind. Man will sich offensichtlich nicht der wahren Verantwortung stellen. Für mich (und für Dich) ist es daher noch ein langer Weg, die Welt zum Besseren zu verändern. Hier ist unser Weg das Ziel. Wir dürfen es nicht aus dem Auge verlieren.

(...)