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Dienstag, 15. Februar 2011

Gedanken zur Banken-Ethik

Prof. Dr. Joachim Kohlhof
Schirmherr der OECM Ethic-Community


Aus einem Mail vom 15.02.2011



Anbei einige Gedanken zur Bankenethik, die mich bewegen…
Bislang haben die Geldhäuser einen weiten Bogen um die Bankenethik gemacht. Hypertone Bankengewinne und ungerechtfertigte Gehaltsexzesse bildeten die Schlagzeilen in unseren Gazetten und hatten mit ethischer Unterlegung wenig zu tun. Die Finanzkrise war ein Produkt aus ungezügeltem Machtbewusstsein, unverantwortlicher Spekulation und einem Wettfieber, das nur auf Rennbahnen oder Spielcasinos seines Gleichen suchte. Die Banken waren weit davon entfernt, der Gesellschaft, aus der die Gewinne abgesogen wurden, auch einen Teil ihrer finanziellen Beute zurückzugeben. Die Verunsicherungen, die finanziellen Schäden und die Forderungsausfälle wurden sozialisiert, während die Gewinne eingeheimst, d.h. privatisiert wurden.

Die Finanzinstitute scherten sich wenig um ihren lokalen und regionalen gesellschaftlichen Auftrag, weil sie ihre exorbitanten Gewinne aus dem Äther globaler Vernetzung von Investmentbanking, Rohstoffspekulation und dubiosem Derivatehandel bezogen. Für ethische Überlegungen war kein Platz. Solange diese "Wetten, dass" Mentalität anhielt und das Glück den Spielern hold blieb, blieb auch die Ethik außen vor. Hinzu kam, dass im Euro-Bereich die Fehler der Banken kaschiert, schlechte assets ausgegliedert und neues Spielmaterial über die Europolitik bereitgestellt wurden.

Die Synchronisation von krisengeschütteltem Bankenmanagement und politischer Willfährigkeit war perfekt. Die Banken haben bis heute die EU als Zugpferd ihrer persönlichen Interessen zu nutzen gewusst. Auch hier fand eine Sozialisierung der Kosten der Finanzkrise und die Privatisierung des zur Verfügung gestellten Nutzens statt. Die Folge ist die latente Erschütterung der Geldwertstabilität des Euro, der im Wettbewerb mit neu auf dem Geld- und Kapitalmarkt drängenden Währungen, weiter Federn lassen wird.

Haben wir eigentlich nicht begriffen, was Jahrzehnte lang die Bundesbank mit großem Erfolg praktizierte, nämlich durch ein hohes Stabilitätsbewusstsein für die Deutsche Mark, diese als Quasi-Reservewährung in der Welt zu etablieren, während wir unter der Ägide der EZB beginnen, die zweitwichtigste Rolle des Euro auf den Weltmärkten als stabilen Anker für Geldanlagen und Import-Exportkalkulationen zu verspielen, trachten?

Der Geist der Bundesbank weht schon lange nicht mehr in den Räumen der Währungshüter. Nur so ist es zu erklären, dass einer der letzten Promotoren für eine stabile Leitwährung nicht bereit ist, das Amt eines EZB-Präsidenten anzutreten, weil ihm die Gefolgschaft für eine stringente Geld- und Währungspolitik versagt bleibt. In diese Landschaft passt dann auch die Verkündung, noch mehr Geld für mögliche internationale Bankpleiten und für den Kauf von Eurobonds bereit zu stellen, damit die Verschuldungspolitik leichtblütiger Mitgliedsländer nicht behindert wird.

Gerade in dieser schwierigen Zeit wäre es wünschenswert gewesen, Protagonisten der unumstößlichen Vermeidung inflationsbedingter Gefahren an der Spitze einer europäischen Institution zu wissen, der es ernsthaft um die Sorge der Geldwertstabilität des Euro geht. In der Tat, eine verpasste Chance, die andere Länder zu nutzen wissen, die großzügiger mit der notwendigen Stringenz preisstabiler Wirtschafts- und Wachstumsfaktoren umzugehen verstehen. Der Euro wird nie so stark sein, wie es die stärkste Nation durch ihre Wirtschaftsdaten ermöglichen könnte, sondern immer nur so schwach sein, wie es die schwächsten Nationen, sprich die verschuldungsfreundlichsten Mitgliedsländer, zulassen. Die Souveränität der einzelnen Mitgliedsländer gestattet ihnen, auf diskretionäre Hinweise der auf Sicherheit und Stabilität bedachten Partner nur mit den Instrumenten zu antworten, wie es die jeweilige eigene Bevölkerung zulässt. Diese Gradwanderung ist natürlich schwierig, sie hat aber die Politik bis heute nicht veranlasst, dafür zu sorgen, dass diesem unseligen Treiben, um mehr Nehmen als Geben, ein Ende gesetzt wird.

Was sich auf den Finanzmärkten ausgetobt hat und noch weiter austoben wird, beginnt sich in der Lebensmittelbranche fortzusetzen, die in eine zügellose international gesteuerte Preistreiberei mit hohem spekulativen Charakter zur Zeit mündet und zu entarten droht. Kein Bereich gesellschaftlichen Zusammenlebens scheint davor geschützt zu sein, nicht zum Gegenstand wilder und den menschenverachtender Spekulation zu werden.

So ist es um so begrüßenswerter, wenn ein ganzer Kanton beginnt, sich auf seine ethischen Wurzeln zu besinnen und Vorbild für Regionen in anderen Ländern zu werden. Was bei klugen Banken und bei einigen wenigen politischen Verantwortungsträgern zu fruchten scheint, wäre der Beginn einer neuen Denkhaltung, die für uns alle das Überleben sichert. Wenn schon diejenigen, die zwar für die angetretene Verantwortungsübernahme hoch bezahlt werden, aber nicht ihrer Ämter würdig sind, so ist es jedenfalls um ein Vielfaches ehrenvoller auch im Kleinen zu versuchen, Schaden von der Gesellschaft und den Mitbürgern auf jede erdenkliche Weise fern zuhalten. Dazu dient auch unser Projekt.