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Dienstag, 24. Mai 2011

Emanzipation: Welche Männer wollen wir? (4)

Christian Buschan MSc
Mitbegründer der
VITAO®ALPEN AKADEMIE



Männer in den besten Jahren -  Krise oder Neubesinnung?

Was erleben, lernen und tun Männer in einem „Kurs für reife Männer“? Männer, die sich von den persönlichen und beruflichen Krisen des „Mittel­alters“ her­ausfordern lassen?  

Mögliche Inhalte eines Kursprogramms in der VITAO® LINTHPARK Akademie - „Lebensschule“.

Angesprochen sind Männer, die sich zusammen mit anderen Männern mit dem eigenen Älterwer­den auseinandersetzen wollen. Die Kursin­halte werden gemeinsam abgesprochen und verteilen sich auf mehrere Themenabende. Es wird paarweise, in Gruppen oder im Plenum gearbeitet. Persönli­che Erfahrungen der Teil­nehmer werden ebenso ernst genommen wie medizi­nisches oder psycho­soziales Grund­lagenwissen.

In den besten Jahren: Was ist denn nun „die Krise“?

Der Kopf wächst durch die Haare. Die Ohren können oder wollen nicht mehr alles hören. Ich muss eine Lesebrille tragen. Das Herz macht nicht mehr alles mit, es macht oder hat Sprünge. Kriege meinen Bauch nicht mehr so leicht oder gar nicht mehr weg. Im Glied gibt es allerlei Zwicken und Zwacken, Beschwerden beim Pinkeln. Beweg­lichkeit hat nachge­lassen, Muskeln werden schwächer, brauchen längere Erholung.

Wer bin ich (noch)? Verdrängte Ver­gangenheit kommt hoch. Lust auf Expe­rimente und auf Neues wächst. Masken und Rollen werden abgelegt, neue Lebensinhalte tauchen auf. Probleme mit Frauen führen zu neuer Qualität von Beziehungen. Ablösungsprozesse zwischen Kindern und Eltern führen zu Neuausrichtungen. Gewohnheiten und Trott sind Gefahren. Ist die Einehe das Ideal? Die Endlichkeit des Lebens macht Angst.

Männer haben meist wenige tragende Kontakte mit Männern. Simple Kumpanei ist keine Freundschaft. Älter werden heisst auch: Wir müssen nicht mehr immer die Starken sein. Oder: Ich sterbe vielleicht als nächster. Verpasstes, nicht mehr Veränderbares tun weh. Raschen Veränderungen in der Arbeitswelt steht die eigene Müdigkeit entgegen. Existenzäng­ste stehen gegen neue Chancen. Wird die Pensionierung gelin­gen?

Der Körper, die Sexualität: Wechseljahre auch beim Mann?

Es tut richtig gut, auch hier Ehrlichkeit zu wagen! Auch Männer haben Wechseljahre: Besondere Nervosität und Reizbarkeit, Schlaflosigkeit, Depressionen, antisoziales Verhalten, Suizidgedanken, usw. Unerklärliche Müdigkeit, Übelkeit, Gewichtspro­bleme, Probleme beim Wasserlösen. Hitzewallungen, Schweissausbrüche, Herzklopfen, Herzrasen, Kopf­schmerzen. Verminderte Libido, verringerte Erektionshäufigkeit. Das gibt es alles mehr oder weniger häufig. Nur will der strahlende Held das in aller Regel nicht wahrhaben.  

Berufs- und Beziehungsstress: Veränderungen im sozialen Bereich.

Trennungen und Scheidungen nehmen zu, haben Folgen: Finanz­probleme, Zim­mer‑ und Woh­nungssuche, Stress wegen Besuchsrechten, usw. Kinder schliessen Ausbildungen ab, suchen und finden (hoffentlich!) Stellen, bilden sich weiter, entfremden sich den Eltern, diese sind wieder „mit sich allein“. Der Tod von Ange­hörigen, Freunden wühlt auf. Neue Freundschaften wachsen, vor allem mit Frauen, selten mit Männern. Vereins- oder politische Tätigkeiten werden aufgegeben. Entlassung, Arbeitslosigkeit und Diskrimi­nierung wegen des Alters drohen. Wechsel in neue Stellen, Techniken oder Berufe belasten, ebenso die oft sehr hohen Erwartungen an den zwar erfahrenen, aber eben doch alternden „Alten“.

Sind wir Männer überhaupt fähig, einem Mann zu sagen, dass wir ihn zum Freund haben möchten? Sollen unsere Freunde "Begleiter in" oder "Retter aus" der Not sein? In Männerfreundschaften sind Sach- und Beziehungsebene etwa gleich wichtig. Mann will etwas zusammen tun, erleben, leisten. Mann will aber auch etwas Schönes dabei fühlen, um von echter Freund­schaft sprechen zu können. Männer müssen Einsamkeit aus­halten können. Denn: Grosse Entscheidungen im Leben bedürfen der Einsamkeit, um überhaupt heranreifen zu kön­nen. Freundschaften sind aber auch da für das Fröhliche, das Lockere, für den Klatsch.

Weshalb glauben Männer immer noch, ein Mann sei schwul, bloss weil er neben Frauen auch Männer toll findet, sie einfach mag und ihnen das auch offen zeigt oder sagt? Weshalb sehen so wenige Männer ein, dass es zur Vollendung seelischer Gesundheit und Ganzheit des Mannes dazugehört, auch seine "weiblichen" Anteile zu entwickeln? Weshalb werden Männer, die das wagen, immer noch – und leider auch von gewissen Frauen! – diskriminiert? Welche Mythen oder diffusen Ängste stecken hinter dieser oft verdächtig schroffen Ablehnung?

Die Clichés des Älterwerdens: Was machen die mit mir?

Welche Vorstellungen haben wir vom Älterwerden? Zum Beispiel Wünsche: Sich bis ins hohe Alter eine möglichst wenig eingeschränkte Denkfähigkeit erhalten kön­nen (Angst vor Alzheimner!). Vielfältige Inter­essen, geistig abwechslungsreiche Kost haben. Die Fähigkeit zur Konzentration auf das Wesentliche ausbauen. Früher vernachlässigte Talente entwickeln, neue Rollen ausprobieren. Dem Zwang, das Älterwerden rechtfertigen zu "müssen", widerstehen. Sich mehr Zeit nehmen für Menschen, die man(n) mag. Die spielerischen Elemente des Lebens neu entdecken und geniessen.

Möglichst viel nicht tun, auf möglichst viel verzichten: Bescheidenheit in äusseren Dingen erleichtert das Älterwerden! Unterscheiden können, was in unserer Macht steht und was nicht. Gleich­gültig bleiben gegenüber unwichtigen Dingen. Überwinden des Zwanges, immer noch mehr zu wol­len (z.B. Lohn, Karriere, etc.). Es liegt an uns selbst und nicht primär an den anderen oder an den Umständen, wie gut oder wie schlecht es uns mit dem Älterwerden geht!

Sinnkrisen und Chancen: Wo bleibt die Weisheit?

Was gibt mir Halt und Boden? Der Glaube an die eigenen Fähigkeiten. Der Glaube sowie das Überstehen von Schicksalsschlägen helfen dabei. Was lernte ich bisher aus extrem schwierigen Situationen? Ich habe mich bewährt, ich wurde stark, ich lernte mich behaupten. Und: In der Scheis­se lie­gen gibt auch warm! Was muss ich loslassen im Hinblick auf Weisheit? Den Materialismus, das Besitz  ergreifen überwinden (Auto, Karriere, Wohnung, Partner/in, etc.). Mehr im Hier und Jetzt leben. Mehr Fragen als Ant­worten haben.

Eigenes Älterwerden: Was will ich noch vom Leben?

Ich will mir die Freude am Kämpfen und am Suchen meiner Grenzen erhalten. Ich will ein gütiger Opa werden und häufiger über mich selbst lachen können. Auch ange­sichts des näher ­rückenden Todes will ich alles fröhlich geniessen. Ich will täg­lich die Fülle der Natur erleben. Ich will besser in mir selbst ruhen, statt zu viel Wind zu machen. Ich will aus sinnlo­sen Zwängen aussteigen und mehr Mut zum Geniessen haben. Ich will mehr Leichtig­keit und Gelas­senheit in allen Belangen des Lebens wagen. Ich will mich selber immer besser spüren, mich selber lieb haben und mit mir selber dementsprechend umgehen und leben. Ich will ganz bewusst mehr Männerbegegnungen wagen und gute Männerbezie­hungen suchen und pflegen.

Eidg. dipl. logotherapeutischer Berater NDS HF
Seelsorger am Flughafenpfarramt Zürich-Kloten